Creando vida-Leben machen, war sein Kommentar
Creando vida-Leben machen, war sein Kommentar

Honduras gehört zu den sogenannten Bananenrepubliken und an jeder Grenze an der wir ellenlange Formulare ausfüllen und von einem Eck ins andere geschickt werden um Zettelchen und Stempel abzuholen und immer brav alles verlangte zahlen, schimpfe ich Schurkenstaat und Banenrepublik vor mich hin. Der Geldwechsler der unterm Mangobaum schlief hat das Bild nur pitoresk abgerundet. 

 Endlich die Grenzformalitäten hinter uns lassend gabs erst einmal Kaffee und wir sassen wie beim Tantenbesuch vorm Häuschen auf der Stuhlkante und balancierten unsere Tassen mit dem übersüssten Kaffee auf den Knien. Die alte Dame die einen kleinen Laden betreibt legte mir besorgt ihre kühle Hand auf die Schulter und schüttelte besorgt den Kopf wie man sich so in der Sonne rösten lassen kann. Ich schwanke tatsächlich zwischen krossem Brathähnchen in der Mittagshitze und im Regen ausgewaschen und schlecht ausgewrungen. Wohl temperiert gibt es mich auf dieser Reise nicht. Hundssonne sagt man hier zu der quälenden Mittagshitze, die aber immerhin gut zum trocknen der Wäsche ist und gleich auf den ersten Kilometern fällt uns auf, dass das Land Waschtag haben muss. Alles, ausser uns, duftet frisch gewaschen und die Wäsche hängt über den Leitplanken und auf langen Leinen in den schattigen Gärten. Gefährlich scheint dass hier alles erst einmal nicht für uns, obwohl wir eindringlich vor Honduras gewarnt wurden. Nachdem ich in einem adretten kleinen Dörfchen, so sauber wie die Wäsche auf den Leinen, von mehreren Leuten aufgehalten wurde und nach meiner Meinung zu dem Dorf gefragt wurde, willkommen geheissen und  wann ich wiederkomme, war ich bereits ziemlich überzeugt, in keine so wahnsinnig schlimme Gegend geraten zu sein. Als nicht einmal die Bauarbeiter es schafften mir respektloses Gepfeife hinterherzuschicken, sondern mir "que hermosas piernas"- was für schöne Beine- hinterherriefen, mehr blumiges Kompliment, als schlechte Anmache, musste ich Lachen und streckte den Jungs den Daumen hoch. Nicht einmal die LKW Fahrer kamen ihrer Aufgabe nach, mich aus dem Weg zu hupen. Im Gegenteil, versorgten sie mich mit Wasser und mir wurde von der Tochter in Hamburg erzählt, ein anderer Pickup Fahrer wollte mich vorm Regenguss retten und mich mitnehmen. Ich wusste nur leider nicht wohin ich hätte mitgenommen werden wollen, war ich doch gerade auf der Suche nach einem guten Platz für mein Zelt. Auch das war nicht schwierig und der hemmungslose Regen der die ganze Nacht auf mein Zeltdach prasselte und die schwere Nachmittagsluft abkühlte schickte mich schnell in das Land der Träume. 

Die dünn besiedelten Berge dampften noch am nächsten Tag nach, ganz wie in den Bildern die sich im Kopf verankert haben, denkt man an dunkelgrüne Kaffeeplantagen Mittelamerikas. Honduras mit seinen grossen Anbaugebieten entspricht daher schon ein wenig dem Klischee macht aber wider Erwarten das Grinsen in meinem Gesicht nicht kleiner, während ich in die Pedsle trete. 

Im Gegensatz zu Peru wird hier tatsächlich überall excellenter Kaffee angeboten und die sonst in Südamerika üblichen Pulverkaffees weichen Gott sei Dank, dem frisch Gebrühten, der überall in grossen Thermoskannen  angeboten wird. Auch die Pulperias, winzige Supermärkte, bieten regionalen Kaffee an. Meist wird er stark vorgezuckert, aber meine Radbeine freuen sich über die extra Energie und ich mag ihn mittlerweile  sogar so süss. Die älteren Leute würzen ihren Kaffee beim mahlen mit Pfeffer, Nelke oder Zimt, so erzählt mir eine Kellnerin die gerade  einen frisch für mich aufbrüht. Und obwohl sie ihren  ungewürzt liebt, trinkt sie den Kaffee ihrer Oma natürlich ohne meckern, isst die riesigen Teller die ihr vor die Nase gestellt werden bis sie platzt und lobt brav alles. Das weltweite Omagesetz will es so. Honduras ist da keine Ausnahme.


Genug Kaffee im Bauch und gefüllte Tortillas, deren Namen ich immer vergesse, läuft es auch mit dem radeln gut. Die zweispurige Strasse ist so leer dass auf einer der Auffahrten über die ganze Breite Mais zum trocknen ausgelegt ist. Trotz des wenigen Verkehrs sammelt sich jedoch unglaublich viel Müll in den Gräben und auch die als öffentliche Müllplätze der Gemeinden ausgeschriebenen Deponien sind nur riesige Häufen in denen Anwohner nach Nützlichem suchen. Trotz der Schönheit der Berge und der Freundlichkeit der Bewohner ist die Armut ein bitterer Teil der Realität. Mir wird von einem Trupp Rennradler die mich sozusagen aufgegriffen und zum Essen eingeladen haben, erzählt, dass die langen Schlangen die mir vor den Banken auffielen auf die hohe Arbeitslosigkeit zurückzuführen sind. Viele Hondurianer sind aufgrund der Armut in die USA ausgewandert und schicken regelmässig Geld zu ihren Verwandten. Die langen Wartezeiten vor den Banken resultieren daraus, brauchen doch alle dringend das Geld um ihre Familien über die Runden zu bekommen.

Jose, einer der Radler, erklärt mir, mehr als die Hälfte der Devisen kämen aus diesen Zuwendungen und halten das Land damit mehr oder weniger über Wasser. Die USA spielt jedoch auch innerhalb von Honduras eine prägende Rolle. So kreisen bei Comayaguas mehrere Helikopter des US Militärs über uns, die zu einer nahegelegenen Militärbasis gehören. Obwohl ich persönlich dies als problematisch ansah, wurde mir versichert, die Präsenz der USA sei gerne gesehen, da sich diese nicht nur der Drogenbekämpfung widmet, sondern vor allem im humanitären Bereich tätig ist. Wie so oft merke ich wie ich meine vorgefertigten Moralbegriffe und Werte überdenken muss. Und da mein Bild von Honduras eh schon auf den Kopf gestellt und durchgeschüttelt wurde, beschliesse ich länger als geplant durch dieses Land zu radeln und noch einen ordentlichen Haken zu schlagen. Es kommen sicher noch ein paar mehr Eindrücke dazu.

Man ahnt die Hitze in den Strassen
Man ahnt die Hitze in den Strassen
Als er das Bild sah, hat er ganz breit gelächelt, gar nicht mehr so unnahbar.
Als er das Bild sah, hat er ganz breit gelächelt, gar nicht mehr so unnahbar.
Radlmädels und 200 Jahre Unabhängigkeit Mittelameriikas
Radlmädels und 200 Jahre Unabhängigkeit Mittelameriikas
Alle Radler in Nationalfarben
Alle Radler in Nationalfarben
Morgens über die Berge fahren. Besser gehts nicht.
Morgens über die Berge fahren. Besser gehts nicht.
Es lohnt sich in die kleinen Dörfchen am Wegesrand zu gucken.
Es lohnt sich in die kleinen Dörfchen am Wegesrand zu gucken.
Wie überall. Die pubertierende Tochter musste mehrmals zum Mithelfen aufgefordert werden
Wie überall. Die pubertierende Tochter musste mehrmals zum Mithelfen aufgefordert werden
Dackelohrige Rinder
Dackelohrige Rinder
Anstehen nach Arbeit, so wurde es mir erklärt
Anstehen nach Arbeit, so wurde es mir erklärt
Das Kaffee an der Grenze. Mehr privat, als Laden
Das Kaffee an der Grenze. Mehr privat, als Laden