Der Anfang

 


Bisher habe ich noch nicht von so einer Reisekombination gehört wie unserer: Neffe und Tante. Kinder-Eltern oder Geschwister oder wie bei einer Kommilitonin, ein Trupp Cousinen schön öfter. Es scheint, verständlicherweise, beliebt zu sein innerhalb der Familie seine Reisepartner zu suchen. Und auch ich bin gerne mit Familienangehörigen unterwegs, wenn ich nicht alleine loszuckel und so wechsel ich zwischen Sohn, Schwester und Neffen als Begleitung. 
Und nun eben Lukas und das bereits zum zweiten Mal. Die erste Runde mit ihm lief ich vor etwa einem halben Jahr. Wir wanderten den Lechwanderweg ab und hatten eine wirklich gute Zeit und einen Haufen Ideen und Zukunftspläne. Zum Leidwesen unserer Lieben hatte einer von uns beiden, ich weiss nicht mehr wer, den Einfall durch die Atacamawüste zu radeln. Und entgegen aller Erwartungen, auch meiner eigenen, haben wir es geschafft diese diffus gefassten Pläne umzusetzen. Ich gebe zu, wir wichen geringfügig von der Grundidee ab. Es ist nicht mehr die Atacamawüste in Chile die wir durchqueren, sondern unsere Radl bringen uns hoffentlich von Bogota in Kolumbien, bis, also dass ist tatsächlich auch noch nicht ganz klar bis wohin, aber möglicherweise bis Mexico. Chile und somit auch die Wüste, sind erstmal wegen Corona geschlossen.Dann eben beim nächsten Mal. 
So, das ist die Ausgangslage und morgen früh, am Freitag den 13. geht es los. Endlich und hoffentlich. Wahrscheinlich gibt es bei allen größeren Reisen so viele Unsicherheitsfaktoren, dass man bis zum Ende zittert ob auch wirklich alles klappt. Die Reiseformalitäten sind soweit erledigt und die Räder müssen nur noch in die Kisten gepackt werden. Also meines. Bei Lukas, der ein etwas anderes Verständnis für to-do Listen hat sieht das ein bisschen anders aus. Um ehrlich zu sein, bin ich mir nicht einmal sicher ob es in seiner Welt to-do Listen gibt. Gestern kam er mit seinem hochempfindlichen Carbonradl um die Ecke gefegt, in einer Hand ein Eis, ganz ausser Puste um sein Eis mit mir noch zu teilen und letzte Formulare für die Einreise in Kolumbien und Spanien auszufüllen. Alles fast nach Plan. Den PCR Test hatte er geschafft zu erledigen, fuhr aber zuerst in die falsche Gemeinde und ich frage mich ernsthaft wie man es schafft so wunderbar und schrecklich verplant zu sein. Das muss doch unsagbar anstrengen. Wenn es beim Papierkram der noch zu erledigen war geblieben wäre, was ich ganz blauäugig auch dachte, wäre es schon fast unabenteuerlich gewesen, so auf der heimischen Terrasse. Aber ich habe ja einen Lukas, wenig risikobewusst und ein Crabonradl, hochempfindlich, im Schlepptau, also eine Mischung die wenig Platz für Langeweile lässt. Erste Reparaturen sind entsprechend schon vor Reiseantritt nötig und diese nicht, wie bei den meisten Menschen mit gebührend Ruhe und Zeit, sondern durchaus knapp einen Tag vor Abreise und mit fiesen Lieferengpässen für Ersatzteile. Ich atmete ordentlich durch und  ein erstes Resumee am Fahrrad ergab eine gebrochene Speiche, die natürlich an so einer unglücklichen Stelle ist, dass gleich die Kassette ausgebaut werden muss, eine völlig verschmierte Kette, die noch gewechselt wird, hinten ein runtergefahrener Mantel und nicht mehr ganz feine, in Südamerika schlecht zu kaufende Bremsbeläge und ein verbogenes Schaltauge. Tatsächlich hat er einige der Ersatzteile bereits besorgen können, den Rest werden wir, falls das noch irgendwie möglich ist, heute, ich betone nochmals, einen Tag vor Abreise besorgen. Es bleibt auf jeden Fall spannend und meine eigene to-do Liste die so Punkte wie durchkehren und duschen enthält ist dadurch auch so spannend wie ne alte Semmel ohne Butter. Und wir sind noch nicht einmal am Flughafen. Ich freue mich unsagbar auf unsere Zeit.