Letzte Nacht und Packliste

Jetzt ist es gleich soweit. Draussen ist es noch dunkel und obwohl ich es niemals erwartet hatte, schlief ich in der letzten Nacht im heimischen Bett wie ein Baby und frühstücke gerade ungesunde Mini Windbeutel. Ich liebe Sahne und erfahrungsgemäss ist Sahne in warmen Ländern weniger sinnvoll und auch seltener in der Küche gebraucht.

Alles ist gepackt, anscheinend auch bei meinem Neffen. In einer Stunde werde ich abgeholt. Natürlich bin ich aufgeregt, sonst bräuchte ich sowas nicht zu machen. Nach Kolumbien zu fliegen um durch Mittelamerika zu radln ist für mich ja die Möglichkeit m,ehr, anstatt weniger Aufregung in mein Leben zu bekommen. Vor der Tür steht, fertig gepackt, die furchtbare Kiste mit dem Fahrrad. Zu breit, aber kleiner und mit genau den vorgegebenen 30kg. Neben mir das Handgepäck und die wichtigen Sachen wie Papiere und Geldbeutel. 30kg plus Handgepäck hört sich unfassbar viel an und ich bin selbst erstaunt, ausser minimalen Kleinigkeiten tatsächlich nur die Dinge meiner Packliste dabei zu haben und trotzdem auf insgesamt, also mit Rad, so schwer zu sein.

Schon im Winter, der mit seinen Schneeregentagen ewig dauerte, sass ich im Bett, Fernweh im Bauch und las Packlisten anderer Reisender und schrieb an der eigenen. Immer wieder erneuerte ich meine Liste, fügte etwas hinzu oder nahm Dinge heraus. Jeder der schon einmal länger unterwegs war, kennt das Spiel zwischen Gewicht, Komfort und Notwendigkeiten. Allein durch mein Fahrrad mit etwa 13 kg hatte ich schon ein recht hohes Gewicht. Der Stahlrahmen und das schwere Piniongetriebe haben zwar den Vorteil als extrem robust zu gelten, sind aber nun einmal schwer und keineswegs mit Lukas seinem Carbonradl mit etwa 9kg zu vergleichen. Wir werden sehen, welches Rad sich am ehesten bewährt. Beides hat seine Vor- und Nachteile und sollte sich die Gelegenheit bieten, werde ich darüber berichten wie sich der weisse Blitz (Lukas) und Fräulein Tu (Meins) angestellt haben. Nur ein kleiner Einschub zur Namensgebung: Der weisse Blitz ist ja selbsterklärend, Fräulein Tu wohl weniger. Die Marke meines Rades ist Tout Terrain. Und das „Fräulein“ kann als Hommage an Fräulein Stinnes gesehen werden, eine junge Frau die 1926 als erster Mensch die Welt mit dem Auto umrundet hat. In ihrem  Gepäck befanden sich fünf Ballkleider und  ausreichend Dynamit um sich ihren Weg freizusprengen. In dieser Zeit, aber auch noch heute, ist Clärenore Stinnes noch immer eine Inspiration und Quelle der Motivation. Mutig und auch stur fuhr sie durch Kasachstan, Südamerika und Asien. Ich fand den Namen hervorragend für ein Stahlrad, welches mich und die Tour für einige 1000 km auszuhalten hat.

Die Wahl mit welchem Rad man fährt, stand für mich an oberster Stelle der Entscheidungen. Letztendlich muss jedoch bis zur Unterhose runtergebrochen werden, was in die Gepäcktaschen darf  und nicht zuletzt, welche Gepäcktaschen überhaupt genutzt werden, oder soll es ein leichteres Bikepacking Ensemble werden. Bis zuletzt bastelte ich herum und versuchte meine Liste zu optimieren. Vielleicht ist sie hier dem einen oder anderen nützlich, so wie ich von den vielen Packlisten im Internet profitiert habe. Jetzt muss ich mich langsam fertigmachen und bekomme Schmetterlinge, oder wenn ich es recht überlege, kleine, gelbe Bulldozer im Bauch. In ein paar Stunden sitze ich hoffentlich im Flieger.

Rumbo a Colombia!