Schon vor der Reise wussten wir, es wird nicht einfach  nach Panama einzureisen. Zwischen Kolumbien und Panama erstreckt sich ein kaum zugängliches Gebiet, der Darien Gap, den ich schon im vorherigen Eintrag beschrieb. Wir wollten über den Seeweg nach Panama um einen umständlichen und teuren Flug zu sparen.

 Das letzte Dorf Kolumbiens, Capargunà, welches nur mit dem Boot erreichbar ist, erwies sich für uns jedoch als Sackgasse. Schon die Anreise mit dem Boot war ausreichend kompliziert und wir demontierten mal wieder so einiges um mit an Bord genommen zu werden und schützten die Fahrräder mit vollem Einsatz vor Unachtsamkeiten der Mitreisenden. In Capargunà angekommen, noch auf der Mole sitzend, kullerte, ganz unbedarft, ein wichtiges Ersatzteil von meinem Freilauf Richtung Meer an mir vorbei. Laut Lukas hechtete ich mit panischem Blick auf das sich lustig drehende Teilchen. So kleine Augenblicke machen es dann wieder wunderbar sichtbar wie abhängig man von dem europäisch-funktionierenden Rad ist.

Schon die Ankunft war surreal. Das Dorf, eine Enklave ohne Strassenanbindung mit karibischem Flair, lebt oder lebte bis zu Beginn der Pandemie grösstenteils vom Tourismus. Durch die Umstände beläuft sich dieser mittlerweile überwiegend auf nationalen Wochenendtourismus, wodurch sich eine ausgestorbene Endzeitstimmung im Paradies breitmacht. Horrende Preise und Abzocke im bunten Hippiegewand mit esoterischem Tauchlehrer und bemalten Häusern bestimmen das träge Bild, aber es bleibt der diffuse Eindruck des ungesunden Brodelns unter der entspannten Attitüde der überwiegend schwarzen einheimischen Dorfgemeinschaft, die die angereisten Ökos, Reisende und Esoteriker weitestgehend zu ignorieren scheinen. Es ist bekannt, dass viele Flüchtlinge aus Venezuela, aber auch anderen Ländern den Darien Gap auf dem Weg in die USA durchqueren wollen, ebenso wie auch Drogen durch den Gap müssen um die USA zu erreichen. Und ohne es an bestimmten Dingen festmachen zu können, bleibt das Gefühl unter den hübsch gepflasterten Strassen im Touristenviertel brodelt es clandestin. Generell schien dies für uns nicht weiter wichtig, wollten wir doch einfach die Reise nach Panama fortsetzen. Die Migraciòn, die Einreisebehörde verweigerte uns jedoch konsequent den Ausreisestempel für Kolumbien mit der Erklärung die Grenze sei aufgrund der Pabdemie nur auf dem Luftweg überquerbar, egal welche gegenteiligen Informationen wir vorlegten. Kafkaesk wurden wir mit karibischem Palmenflair von einer unglaubwürdigen Informationsquelle zur nächsten geschickt und konnten einfach nichts gegen die behördliche Willkür ausrichten. Die grosse, schlechtgelaunte, schwarze Beamtin liess sich nicht einmal mit Lukas blondem Grinsen beeinflussen. Nach zwei entnervenden und fruchtlosen Tagen gaben wir, ganz mürbe, weil wir dazu noch zu wenig Bewegung und zu viel schlechtes Essen hatten, auf, um nach Medellin zu fliegen und einen teuren Weiterflug nach Panama zu nehmen.

Nicht genug der Einreiseprobleme wurden von der Fluggesellschaft Hin-und Rückflug verlangt, ein negativer Test, was gut nachvollziehbar ist, und in Panama selbst noch der Nachweis einer gebuchten Unterkunft bei dem wir ein bisschen schummeln konnten und tatsächlich zwei Einreiseformulare. Nachdem Lukas an der Grenze noch aufgehalten wurde und mein Rad mit einem unerfreulichen Transportschaden ankam und seitdem leicht nach rechts zieht, lagen die Nerven nicht mehr ganz gepolstert da und entluden sich kurzzeitig.

Dennoch war es durchaus beeindruckend Panama City mit dem Fahrrad zu durchqueren, kann man auf der zwar für Fahrräder nur illegal befahrbaren Hauptstrasse die ganze Skyline vor sich liegen sehen. Über 100 ansässige Banken prägen das Bild und haben die Stadt geformt. Da ich auf der vielbefahrenen Strasse Geleitschutz von einem Taxifahrer bekam, der ungefragt und  meinen Adrenalinspiegel ausgleichend, beschützend hinter mir her fuhr, und das tatsächlich durch die ganze Stadt, bis zur berühmten "Puente de las Americas" über den Panamakanal, konnte ich mich einigermassen auf das beeindruckende Stadtbild konzentrieren. An der Brücke traf ich Lukas der bereits Essen besorgt hatte. Leider darf der Panamakanal nur zu bestimmten Zeiten mit dem Rad überquert werden. Die Polizei kontrolliert dort rigoros, half uns aber auch dabei mit einem privaten Pick-up zu trampen. Sehr unkompliziert und praktisch, so ein Vorgehen. So kamen wir in den Genuss einen Regenschauer ausnahmsweise im trockenen Auto zu verbringen uns mit dem Fahrer über seine kleine Finca und seine Arbeit im Hafen zu unterhalten und uns dann vorsichtig von ihm zurück auf die Panamericana setzen zu lassen. Seitdem sind wir mittlerweile seit drei Tagen auf der zweispurigen Strasse unterwegs. Teilweise ist der Verkehr dicht und sehr anstrengend. Es sind kaum Motorräder und so gut wie keine Fahrräder auf den Strassen. Teure Pickups und LKWs dominieren den Asphalt und entsprechend ungeübt sind die Fahrer im Umgang mit uns fragilen Radlern. Auf Teilstrecken ist jedoch so wenig Verkehr, dass es sich lohnt die Autos auf die linke Spur zu winken, was erstaunlich gut funktioniert und sich auch ganz nett anfühlt, so 40 Tonner umzuleiten. Auf den volleren Strecken müssen wir auf den Seitenstreifen ausweichen der gespickt ist mit kaputten Reifenteilen aus denen die Drähte stehen, toten Tieren und Scherben. Somit kam ich in den fragwürdigen Genuss vier platte Reifen an einem Tag zu flicken. Mittlerweile hatte ich unglaubliche 11 Platten. Immerhin bin ich erstaunlich schnell geworden und kann mit Recht behaupten ganz ordentlich Reifen zu flicken. Es hat also auch sein Gutes. 

Panama ist für uns also ein wenig ein Transitland geworden. Um das ein wenig abzumildern haben wir uns heute noch ein paar Stunden in Davìd, einer 80.000 Einwohnerstadt kurz vor der Grenze Costa Ricas gegönnt. Die Innenstadt ist zwar überfüllt und hektisch, dafür haben wir das Glück eine fast historische Unterkunft von 1820 gefunden zu haben. 

Morgen sollten wir es bis zur Grenze nach Costa Rica schaffen und wir hoffen dass es nicht wieder ausufernde bürokratische Probleme gibt. Wir werden sehen.

Wildtiere sehen wir hier leider nur so. Schlangen, Leguane und ein Ameisenbär bisher.
Wildtiere sehen wir hier leider nur so. Schlangen, Leguane und ein Ameisenbär bisher.
Trauriges Paradies Capargunà
Trauriges Paradies Capargunà
Sehr US amerikanisch anmutend in Panama
Sehr US amerikanisch anmutend in Panama
Gar nicht so leicht an ne Kokosnuss zu kommen
Gar nicht so leicht an ne Kokosnuss zu kommen
So ist es schön zu fahren
So ist es schön zu fahren
Hippiehütte in Capargunà.
Hippiehütte in Capargunà.
Reifen flicken
Reifen flicken